Was wäre, wenn alle Autos durch Elektroautos ersetzt würden?

In Deutschland ist der Verkehrssektor nach der Energiewirtschaft und der Industrie mit rund 20 Prozent CO2-Ausstoß (2019) der drittgrößte Verursacher von Treibhausgasemissionen. Den weitaus größten Teil (94 Prozent) dieser Emissionen verursacht der Straßenverkehr. Die Bundesregierung hofft mit der Einführung von Elektro-Autos die CO2-Emissionen Deutschlands zu reduzieren und die Klimaziele erreichen zu können. Doch ist diese Erwartung für die E-Mobilität gerechtfertigt?
Dieses Papier stellt die Frage: „Was wäre, wenn über Nacht durch ein Wunder alle 48 Mio. Autos in Deutschland durch Elektroautos mit gleicher Fahrleistung und vergleichbarem Komfort ersetzt würden?“ Welche Auswirkungen hätte das

  • auf den Verbrauch an fossiler Energie in Deutschland und
  • in welchem Umfang würden die klimaschädlichen CO2-Emissionen sinken?

Das ist die spannende Fragestellung, die wir hier untersuchen werden. Durch das E-Auto kommt es zu einer starken wechselseitigen Abhängigkeit zwischen den beiden Bereichen Mobilität und Stromversorgung. Deshalb sind beide Bereiche gemeinsam zu betrachten. Das ist in folgender Grafik dargestellt, links die Situation im Jahr 2020, rechts für Situationen in den Folgejahren mit E-Autos.

Wir ermitteln die CO2-Emissionen für die folgenden sieben Situationen:

  • 2020 – 48 Mio. Verbrenner, Stromerzeugung und CO2-Emissionen
  • 2021 – 48 Millionen Verbrenner werden durch gleichwertige E-Autos ersetzt
  • 2023 – Alle Kernkraftwerke gehen vom Netz
  • 2030 – Die Erneuerbaren erreichen 65 Prozent an Stromerzeugung
  • 2030 – Nur 10 Millionen Verbrenner werden auf E-Autos umgestellt
  • 2030 – Alles zurück. Es fahren wieder 48 Mio. Verbrenner
  • 2030 – 30 % weniger und sparsamere Autos

Die folgenden Berechnungen basieren auf folgenden Annahmen:

  • Die Netto-Stromerzeugung von 489 Mrd. kWh im Jahr 2020 bleibt bis 2030 unverändert.
  • 48 Mio. Pkws sind in 2020 in Betrieb, deren jährliche Fahrleistung 632 Milliarden Kilometer beträgt. Das bleibt auch in den Folgejahren so.
  • Elektroautos verbrauchen 20 kWh pro 100 km.
  • In 2023 erfolgt die Abschaltung der Atomkraftwerke für die Stromerzeugung.
  • In 2030 erreicht der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung – wie von der Bundesregierung mal geplant – 65 Prozent.
  • Die CO2-Emissionen der Fahrzeuge werden nur während ihrer Nutzung berechnet, also nicht für Produktion, Betrieb, Entsorgung aller Fahrzeugkomponenten (inkl. Batterie) und Infrastruktur.

Ausgangslage: 2020 – 48 Mio. Verbrenner, Stromerzeugung und CO2-Emissionen

2019 waren in Deutschland 47,7 Mio. Pkw angemeldet – davon 66 Prozent Benziner, 32 Prozent Diesel, zwei Prozent mit alternativen Antrieben. Die Inländerfahrleistung dieser Pkws betrug im Jahr 2019  632 Milliarden Kilometer Jedes Fahrzeug legte dabei im Durchschnitt 13.602 Kilometer zurück. Da die dabei verbrauchte Menge an Kraftstoff für 2020 noch nicht vorliegt, nehmen wir die Zahlen von 2018, die im Wesentlichen unverändert sein dürfte. In 2018 verbrannten die Autos 16,7 Mio. Tonnen Benzin und 32,3 Mio. Tonnen Dieselkraftstoff.

Die CO2-Emissionen in den 7 Situationen

1) 2020 – 48 Mio. Verbrenner, Stromerzeugung und CO2-Emissionen

Die Ausgangslage: Die 48 Mio. Verbrenner führen zu CO2-Emissionen in Höhe von 115 Mio. Tonnen; für die Stromerzeugung fallen 186 Mio. Tonnen an. Für beide Bereiche Strom plus Pkw zusammen ergeben sich Emissionen von 301 Mio. Tonnen im Jahr 2020.

2) 2021 – 48 Millionen Verbrenner werden durch gleichwertige E-Autos ersetzt

Die Emissionen aus Stromerzeugung und Pkw-Verkehr betragen nach der Umstellung auf E-Autos für 2021 324 Mio. Tonnen CO2. Entgegen häufig geäußerter Erwartungen hat die Umstellung auf E-Autos nicht zu weniger, sondern zu mehr als 31 Mio. Tonnen CO2-Ausstoß geführt.

3) 2023 – Alle Kernkraftwerke gehen vom Netz

Der Ausfall von 61 TWh an elektrischer Energie wird durch Kohle- und Gaskraftwerke ersetzt. Dadurch steigen die CO-Emissionen von Stromerzeugung und Pkws um beachtliche 86 Mio. auf 387 Mio. Tonnen.

4) 2030 – Die Erneuerbaren erreichen 65 Prozent an Stromerzeugung

Nach dieser Berechnung ist im Jahr 2030 die Strommenge aus EE von 247 TWh um 71 TWh auf (emissionsfreie) 318 TWh gestiegen. Der weiterhin benötigte Strom aus fossiler Energie führt zu CO2-Emission in Höhe von 314 Mio. Tonnen CO2. Es bleibt aber ein erhöhter CO2-Ausstoß in Höhe von 13 Mio. Tonnen CO2 im Vergleich zur Ausgangslage im Jahr 2020. Die Klimaziele werden durch die Komplett-Umstellung auf E-Auto trotz des Zuwachses an Erneuerbarer Energie nicht erreicht werden.

5) 2030 – Nur 10 Millionen Verbrenner werden auf E-Autos umgestellt

In diesem Fall wären im Jahr 2030 Emissionen mit 296 Mio. Tonnen CO2 um 5 Mio. Tonnen niedriger als im Basisjahr 2020.

6) 2030 – Alles zurück. Es fahren wieder 48 Mio. Verbrenner

Alle Autos sind wieder Verbrenner und verursachen einen CO2-Ausstoß von 115 Mio. Tonnen CO2. Zusammen mit den Emissionen durch die Stromerzeugung gibt es in 2030 gegenüber 2020 eine Reduktion der CO2-Emission um 10 Mio. Tonnen CO2.

7) 2030 – 30 Prozent weniger und sparsamere Autos

In diesem Fall errechnen sich gegenüber 2020 CO2-Einsparungen in Höhe von beachtlichen 69 Mio. Tonnen CO2. Das wäre ein zumindest Schritt in Richtung Klimaneutralität. Stromerzeugung und Pkw-Verkehr sind immer noch für 232 Mio. Tonnen CO2-Emissionen verantwortlich.

Fazit

Die Ergebnisse der Untersuchung bezüglich der möglichen Einsparungen von CO2 durch Elektromobilität sind insgesamt sehr ernüchternd. Solange die Erneuerbaren (meist Strom und Wind) nicht substanziell zum Betrieb der E-Autos beitragen können, werden sie maßgeblich mit fossilem Strom betrieben. Die Förderung von E-Autos, Kaufprämien und Steuervergünstigungen werden unter den gegebenen Bedingungen dem Klima nicht helfen und deshalb eingestellt werden.

E-Autos werden erst dann einen nennenswerten positiven Effekt gegen den Klimawandel haben, wenn weit höhere Menge Strom aus Sonne und Wind gewonnen werden können. Da selbst bei einer 100-prozentigen Versorgung aus Sonne und Wind keine Verlässlichkeit (Flaute, Dunkelheit, Bewölkung, etc.) gewährleistet ist, bräuchte man zur Pufferung geeignete Speichertechniken (z. B. basierend auf Wasserstoff).

Um dem Klimawandel wirksam entgegen zu wirken, müsste der Autoverkehr stark reduziert werden. Dafür müssten die Menschen ihre Haltung und ihr Verhalten gegenüber Mobilität ändern. Die Politiker scheuen davor zurück, das so klar zu sagen.

Unabhängig von der Klimaproblematik ist das E-Auto keine Lösung für die anderen Probleme des Autoverkehrs (Unfälle, verstopfte Straßen, überfüllte Innenstädte).

Die Hoffnung, mit dem Elektroauto eine geeignete Technik gegen den Klimawandel gefunden zu haben, wird bei der gegenwärtigen Herangehensweise (große energiehungrige E-Autos, zu geringe Verfügbarkeit an Erneuerbarer Energie) enttäuscht werden.

Die Fixierung auf das E-Auto ist verhängnisvoll, da zu wenig über Alternativen der Mobilität nachgedacht wird. Besser sind:

  • kleinere Autos (bei E-Autos weniger als 10 kWh pro 100 Kilometern), für einen Übergang auch mit fossiler Energie, evtl. Gas wegen niedriger spezifischer Emission.
  • weniger Autos (mehr ÖPNV, Fahrrad, zu Fuß gehen, etc.)
  • weniger Fahrten, also Verkehrsvermeidung.